inMusic | Bei Fußenkreuz 11 | D-66806 Ensdorf | Germany | Phone: ++49 6831-5095-30 | Fax: ++49 6831-5095-32 | eMail

  | inMusic - da ist Musik drin!

 

HEMLOCK SMITH
Große Songwriter-Kunst trifft komplexen Songaufbau

Wer auf ausdrucksstarke Songwriter-Kunst steht, ist bei denen aus der Schweiz stammenden HEMLOCK SMITH an der richtigen Stelle. Keine Song-Konfektion von der Stange, sondern intelligente und abwechslungsreich arrangierte Kompositionen, die um die samtene und dunkel gefärbte Stimme von Sänger und Mastermind MICHAEL FREI kreisen. inMusic hatte die Gelegenheit zu einem Interview...

 

inMusic: Kannst du mir bitte zu Anfang etwas über die bisherige Bandgeschichte erzählen. Seit wann gibt es Hemlock Smith?

Michael: Das Projekt ist Anfang 2000 entstanden, weil ich aus dem für mich etwas engen Bandkonzept ausbrechen wollte, um mit anderen (sprich mehreren) Musikern meine eigenen Ideen verwirklichen zu können. 2002 ist dann die erste Platte „A Secret Life“ erschienen, die noch sehr von Loops und Soundexperimenten geprägt war. 2006 erschien dann unsere zweite CD “Umbrella Fitz & Gerald“, die von Husky Hoskülds (Sound Engineer aus Island und Los Angeles, der u.a. für Joe Henry, Fantômas, Elvis Costello, Norah Jones und Tom Waits gearbeitet hat) abgemischt wurde. 2008 ist dann ein Side-Project erschienen, eine Stummfilm-Musik („Sir Arne‘s Treasure“). Tja, und nun erscheint mit „Keep The Devil Out Of Hillsboro“ unser drittes, offizielles Album...

inMusic: Was kannst du mir denn über die Studioarbeiten zu „Keep The Devil Out Of Hillsboro“ erzählen? Welche Erinnerungen hast du daran?

Michael: Die Platte wurde in einem Zeitraum von 5 Tagen live aufgenommen, (+ 2 Tage für Bläser und Streicher). Wir waren extra in einem großen Studio, damit alle Musiker die Möglichkeit hatten, gleichzeitig zu spielen, um so ein Maximum an Spontaneität zu bewahren. Die Musiker kannten die Songs kaum, und es gab nie mehr als drei Takes des gleichen Songs, die Atmosphäre war also sehr konzentriert. Meine Erinnerungen daran sind phantastisch: Ich hätte nie geglaubt, dass es mir möglich sein würde, 14 Songs innerhalb so kurzer Zeit aufzunehmen und die Komplexität der Arrangements in dieser Tonqualität wiedergeben zu können. Ich bin sehr glücklich mit diesem Album.

inMusic: Die einzelnen Songs verfügen über eine sehr emotionale und faszinierende Atmosphäre. Euer Sound klingt mystisch, geheimnisvoll, dark, bezaubernd, avantgardistisch, verspielt, jazzig, theatralisch und noch vieles mehr. Die instrumentale Vielfalt und der komplexe Songaufbau ist beeindruckend. Da laut den credits alle Songs aus deiner Feder stammen: Hast du Musik studiert oder woher rührt deine Fertigkeit solche feingliedrigen Kompositionen zu entwerfen?

Michael: Danke für das Kompliment. Ich verstehe eigentlich nichts von Musik, kann keine Noten lesen und ungefähr 4 Akkorde am Klavier, aber ich höre irgendwie im Kopf, wie die Musik sein sollte und versuche das dann meinen Mitmusikern zu erklären. Mein Pianist, Fabrizio Di Donato (ein sehr talentierter und musikalisch ausgebildeter Mann), hat dann die schwierigeren Arrangements (Bläser und Streicher) für mich geschrieben.

inMusic: Unverkennbares Trademark auf der Scheibe ist natürlich deine warme, fesselnde, manchmal erzählende und dark gefärbte Stimme, die mich an den großartigen Jack Hardy erinnert, von dem ich zwei LPs im Plattenregal stehen habe. Wann hast du eigentlich zum ersten Mal entdeckt, dass du eine solch sonore Songwriter-Stimme hast?

Michael: Tja, das Ding mit meiner Stimme. Als ich klein war, haben mir meine Lehrer verboten, mit der Klasse zu singen, weil sie so furchtbar tönte. Irgendwie an meiner Stimme zu arbeiten und an sie zu glauben war ein langjähriger Prozess. Ich muss sagen, dass ich eigentlich erst jetzt, mit dieser Platte, richtig zufrieden bin mit mir und weiß, wie ich meine Stimme einzusetzen habe, damit sie korrekt rüberkommt. Um also auf Deine Frage zu antworten: vor ca. 18 Monaten.

inMusic: Das hätte ich jetzt nicht gedacht. In welcher Stimmung schreibst du deine Songs am liebsten?

Michael: Um zwei Uhr morgens, leicht bedrückt, melancholisch, aber irgendwie aufgeregt, weil ich spüre, dass in meinem Unterbewusstsein etwas passiert.

inMusic: Hörst du gerne Jazz? Mit „The North Sea“ hast du dem großartigen, leider viel zu früh verstorbenen schwedischen Pianisten Esbjörn Svensson auch ein Stück auf der Platte gewidmet.

Michael: Ich bin eigentlich so ein Quer-Jazz-Hörer. Ich mag die Harmonien und Akkorde des Jazz, aber dafür die Endlos-Solis eher weniger. Für mich war Esbjörn Svensson wichtig, weil er versuchte, den Jazz mit Rock und Avantgarde zu verbinden und somit weiterzuentwickeln. Einige Stücke erinnern ja sehr direkt an Radiohead. Als er starb, war ich sehr traurig, auch weil sein Tod irgendwie „doof“ war (Taucherunfall). Ich habe dieses Stück innerhalb einer Stunde geschrieben, wollte es allerdings weder aufnehmen, noch auf eine Platte beamen, weil ich nie aus seinem Tod Profit machen möchte. Allerdings ging mir das Stück nicht aus dem Kopf. Während den Aufnahmen habe ich dann dem Musikern vorgeschlagen, doch einen Versuch zu wagen. Was man auf der Platte hört, ist der erste „Take“. Als ich dann merkte, dass hier eine gewisse „Magie“ mit im Spiel war, habe ich nachgegeben und den Song für die Platte freigegeben, als Würdigung für einen großartigen Musiker.

inMusic: Hast du bestimmte Songs auf der Platte, die du besonders magst, einer meiner Favoriten ist „The Loveless Eternal“…

Michael: Dieser Song ist auch einer meiner Favoriten, weil er versucht, einen französischen Chanson mit John Bonham zu verbinden, etwas das auf Papier unmöglich erscheint. Dass es mir irgendwie gelungen ist, freut mich sehr. Zu meinen persönlichen Lieblingsstücken zählen insbesondere noch „Dunkirk/Jerusalem“, weil ich 20 Jahre an diesem Song gearbeitet habe und „Spring Is Mine“, das ich speziell für meine Frau geschrieben habe.

inMusic: Kannst du mir bitte etwas über eure musikalische Arbeit zu dem Stummfilm „Sir Arne‘s Treasure“ aus dem Jahre 1919 erzählen, den ihr Anfang 2008 vertont habt?

Michael: Wir haben 106 Minuten komplett neue Musik innerhalb 2 Monaten schreiben und proben müssen, für eine Aufführung, bei der die Musik nie aufhört, ganz ohne Pause. Das war sehr schwierig und hat uns musikalisch enorm viele Fortschritte gebracht. Ich habe für dieses Projekt 10 Songs geschrieben, die das innere Leben der Personen im Film besser ausleuchten. Der Rest sind Instrumentaltracks, alle von meinen Mitmusikern geschrieben. „Sir Arne‘s Treasure“ ist also im Gegensatz zu den anderen Platten ein richtiges „Band“-Projekt, was die Musik auch etwas verändert hat. Der großartige Saxophonist Tassilo Jüdt übernimmt hier die melodische Hauptrolle. Deshalb spürt man auf dieser Platte die Einflüsse aus dem Jazz auch ganz deutlich. Die DVD/CD zu diesem Projekt haben wir live aufgenommen. Sie ist allerdings offiziell nur in der Schweiz erhältlich.

inMusic: Welche Aktivitäten stehen mit Hemlock Smith demnächst an ?

Michael: Wir werden versuchen, nächstes Jahr in der Schweiz, Frankreich und Deutschland zu touren, weil die Platte in diesen drei Ländern wahnsinnig positiv aufgenommen wurde. Wir sind da noch am Organisieren. Parallel dazu habe ich angefangen, die Songs für die neue Platte zu schreiben, die 2011 herauskommen soll.

inMusic: Noch eine Botschaft an unsere Leser?

Michael: Bitte hört euch unsere Platte nicht nur einmal, sondern mehrmals an. Es lohnt sich! Und ich freue mich auf jede Botschaft, positiv oder negativ, auf unserer Myspace Seite...

Rainer Guerich
CD: Keep The Devil Out Of Hillsboro (Phénix Records/Radar)

www.hemlocksmith.ch
www.myspace.com/hemlocksmith
 

 

 inMusic | Bei Fußenkreuz 11 | D-66806 Ensdorf | Germany | Phone: ++49 6831-5095-30 | Fax: ++49 6831-5095-32 | eMail
© 2010 inMusic - alle Rechte vorbehalten!